Einblicke und Geschichten von Menschen aus und in Schenna. Spannende Orte und wer dahinter steckt. Das alles findet ihr hier nach und nach…Ich hatte da irgendwann an einem Schnee reichen Tag, zur Zeit von Corona (ja, ich weiss die Zeit ist immer noch) eine Vision. Wenn wir schon nicht öffnen können und die Menschen Schenna besuchen, dann bringe ich Schenna zu den Menschen.
Schloss Schenna und wer dahinter steckt…
Es ist Dienstag und ich bin schon ganz aufgeregt. Denn heute sollte ich meine Vision das erste Mal in die Tat umsetzen und das genau dort, wo für Schenna so ziemlich alles begann.
Der Schlossherr Franz Spiegelfeld hatte sich bereit erklärt, mir die Tore des Schlosses zu öffnen, um einen kurzen Einblick in das historische Gemäuer zu werfen. „Nicht zu lang“, waren seine Worte: „Höchstens 10Minuten, denn länger schaffmer´s eh nicht, es ist zu kalt. So einen Winter hatten wir noch nie. Jedenfalls nicht seit 1990, denn da kamen wir nach Schenna.“
Unwissend wie ich war- ja auch in einem kleinen Dorf weiss man nicht alles über jeden- fragte ich mich, ja was war denn vorher mit Schloss Schenna und warum übernahm Familie Spiegelfeld dann. Im Laufe meiner „kurzen“ Führung sollte ich noch alles erfahren.
Also ging es los und wir begannen im Waffensaal unsere Tour. Herr Spiegelfeld erklärte mir, dass Schloss Schenna über viele Schätze verfügt, die es so nicht noch einmal gibt. Viele Zeitzeugnisse die uns lehren wie es früher war und uns zeigen, warum wir heute nun so leben können und dürfen. Denn jede unserer Errungenschaften in dieser Zeit hat irgendwann in der Vergangenheit ihren Ursprung.. und so war ich schon mitten in die fabelhafte Geschichte von Schloss Schenna und Erzherzog Johann eingetaucht.
Noch etwas verhalten aber mit strahlenden Augen erklärte mir der Schlossherr, die Schätze dieses Raumes. Die Waffen, wobei einer der ersten Schiessprügel hier seinen Platz hat und dass das Richtschwert von Meran in einer Vitrine auf der Seite ausgestellt ist.
Entschuldigend berichtete er mir, dass Schloss Schenna früher auch Rüstungen hatte. Traurig erklärte er, dass es früher einen Einbruch gab und die Rüstungen der Ritter geraubt wurden. Achselzuckend und mit einem hörbaren Seufzer bedauerte er was vorgefallen war. „Aber was solls“; waren seine Worte: „Im Grunde doch nur Gegenstände und niemandem ist bei dem Einbruch etwas zugestoßen.“ Ich denke mal, dieser Satz sagt schon viel über einen Menschen aus.
Der Rittersaal und seine Schätze
Weiter ging´s in den nächsten Raum, über knarzendes Holz und durch wunderschöne Türen. Hell erleuchtet von den Sonnenstrahlen der Wintersonne, die durch die alten Fenster fielen und bezaubernde Schatten auf Wände und Boden warfen. Der Rittersaal mit seiner großen Tafel und einem riesigen Kachelofen in der Ecke.
Der Kachelofen wurde vor Jahren bei einem Erdbeben beschädigt, und so sieht man von außen kleinere und größere Risse, dies tut seiner Schönheit aber keinen Abbruch. „Bemalt mit den Jahreszeiten und den 12Sternzeichen ist er trotzdem eines der Herzstücke und die Besucher Schloss Schenna´s haben viel Spass daran Ihr Tierkreiszeichen zu suchen:“ lacht Herr Spiegelfeld und man merkt, wieviel Freude ihm die Führungen machen. Der Ofen selbst wurde nach dem Unglück innen wieder instandgesetzt, so, dass man mit ihm wieder heizen könnte, jedoch wird dies wohl nicht so oft geschehen, da man, um ihn ordentlich anzufeuern, einen Kubikmeter Holz braucht.
Weitere Besonderheiten sind das Kabinett-Schränkchen, der Vorgänger des heutigen Tresoren, und die original bestickte Tischwäsche von Erzherzog Johann und seiner Familie. Der Graf erklärt mir, dass die Frau vom Erzherzog alles selbst bestickt hatte und als ich alles aus der Nähe betrachte, schießt mir durch den Kopf, wie viele denn heute noch wohl so sticken könnten. Ja, die Zeiten haben sich geändert.. in allem..
Das Schlafzimmer von Erzherzog Johann
Der nächste Raum, unverkennbar, mit einem Bett drin, das Schlafzimmer des damaligen Schlossherren. Das Original, mit Bettwäsche und dem Nachttopf unten drunter, für die kleinen Geschäfte.. ja, wir sind doch alle nur Menschen egal, ob adelig oder nicht.
Das Schlafzimmer hatte auch ein Bad, welches es so in dieser Form leider nicht mehr gibt. Nicht alles schafft es in die Neuzeit, manchmal muss man sich wohl auch eingestehen, wenn etwas nicht mehr zu retten ist. Am Fenster im Raum stehen die Waschutensilien. Zum besseren Verständnis liegt Seife und ein Schwamm in den Behältern. Diesmal nicht original. Aber stolz rückt Herr Spiegelfeld an einem kleinen Säckchen in der hinteren Ecke: „Da ist der Inhalt noch original.“ Waschseifeflocken.
Im Arbeitszimmer von Erzherzog Johann
Jetzt habe ich diesen Erzherzog Johann schon so oft erwähnt… aber wer war er denn nun, dieser Adelige der eine bürgerliche Frau aus Liebe geheiratet hat?!
Erzherzog Johann wurde als 13.Kind und 7.Sohn von Pietro Leopoldo, Großherzog der Toskana am 20.Januar 1782 in Florenz geboren. Trotz seiner Herkunft, wuchs er in einem sehr liberalen Elternhaus auf, was ihn für sein Leben prägte. Sein Vater gilt als einer der ersten Fürsten Europas, der dem Absolutismus abschwor und eine konstitutionelle Regierung anstrebte. Als Johann 8 war übersiedelte er gemeinsam mit seiner Familie nach Wien, da sein Vater als Leopold II. zum römisch-deutschen Kaiser erwählt wurde.
Als Wahltiroler liess sich Erzherzog Johann in Schenna nieder. Da er Anna Plochl, eine Bürgerliche zur Frau nahm, erhielten Anna und Ihre Nachkommen den Titel „Grafen von Meran“.
Eine wahrhaft glorreiche und strahlende Persönlichkeit, dieser Erzherzog Johann- heutzutage würde man sagen ein Visionär, der seiner Zeit voraus war und schon damals an Nachhaltigkeit und an einem gemeinsamen Europa arbeitete.
Neben seinen politischen Tätigkeiten, war er Landwirt mit Leib und Seele und prägte den Weinbau in Südtirol. Er forschte auf zahlreichen Gebieten und war Initiator der Erstbesteigung des Ortlers. Und doch war ihm nichts wichtiger als die Menschen, die ihn umgaben, sowie sein Hund, als vollwertiges Familienmitglied und 17Jahre lang treuer Gefährte.
Die oberen Räume
Im oberen Geschoss des Schlosses findet man die Sammlungen von Gemälden alter Meister der Kunst. Und abermals zahlreiche Geschichten, die einen abtauchen lassen in die Welt der Ritter und Adeligen. Lebensgroße Gemälde von Damen blauen Blutes in edlen Gewändern und stattlichen Fürsten, beobachten uns im letzten Saal.
Die Zeit ist verflogen und aus 10Minuten wurden beinahe 2Stunden, in denen ich der Geschichte Tirols näher gekommen bin, als in meiner Schulzeit. Dies liegt wohl am Gemäuer, aber auch und besonders an den mitreisenden Erzählungen und der lebendigen Geschichte, in die der Schlossherr einen entführt. Staunen und Überraschung sind vorprogrammiert.
Ich komme wieder
„Ah, jetzt muss ich aber schnell was essen, und dann ab auf die Wiese, zum Holunder schneiden“, teilt mir Herr Spiegelfeld mit einem Blick auf die Uhr mit und ich verabschiede mich. Bis zum nächsten mal, ich komme wieder.
Die Schlossherren
Franz Spiegelfeld wohnt mit seiner Frau Johanna seit August 1990 auf Schloss Schenna. Johanna Spiegelfeld ist die Ururur-Enkelin von Erzherzog Johann. Neben ihrer Tätigkeit als Schlossherrin ist sie eine Meisterin im Stricken und stellt edle Stücke aus Merino und Alpaka Wolle her. Sehen kann man ihre Werke auf Instagram unter @johannameran
Ich hoffe, es hat euch gefallen und ich empfehle euch von Herzen, schaut euch Schloss Schenna an.. eine Bereicherung, durch den Ort selbst und auch durch seine Menschen.